Erste Hilfe für Missbrauchsopfer
0152 - 0926 1874
Sie wurden soeben Opfer einer Straftat. Vermutlich die schlimmste Situation, die Ihnen im Leben passieren konnte. Vermutlich können Sie gar nicht klar denken. Sie haben vielleicht Schmerzen. Sie fühlen sich vielleicht verletzlich, entblößt, betrogen von der Welt und hast Angst. Möglicherweise schleichen sich auch irrationale Gedanken wie Scham ein.
Es gibt leider kein "soziales Protokoll" dafür, was Sie jetzt machen müssen. Wichtig ist, dass trotz all der Gefühle es immer richtig ist, sich Hilfe zu suchen. Ihnen wird zugehört und Ihnen wird geholfen. Sie werden nicht ausgelacht, Ihre Situation wird nicht herunter gespielt. Sie werden nicht dafür verantwortlich gemacht oder verurteilt. Egal was passiert ist, Sie werden sich Hilfe suchen. Auch wenn es Kraft und Überwindung kostet, die Sie eigentlich nicht haben.
Neben medizinischer und psychologischer Soforthilfe, ist auch anwaltliche Hilfe wichtig.
Was passiert jetzt mit mir?
Sobald Sie Opfer geworden sind, passieren tatsächlich auf unterschiedlichen Gebieten viele unterschiedliche Sachen.
Die Situation kann medizinische, also körperliche und psychische Folgen mit sich bringen. Sie kann auf Ihre Entscheidung hin rechtliche Folgen mit sich bringen.
Zu den jeweiligen Folgen können sich in Ihrer Situation Ärzte, Anwälte und Therapeuten am besten beraten. Dabei können Sie erst einmal nur zuhören und die Situationen auf sich wirken lassen. Sie müssen noch keine Entscheidungen treffen, wenn Sie dazu noch nicht bereit sind. Wichtig ist nur, dass Sie diese Situation nicht alleine mit sich ausmachen. Es gibt extra ausgebildete Profis, die mit Ihnen die einzelnen Schritte durchlaufen.
Rufen Sie die Polizei, sofern Sie auf die Tat aufmerksam machen möchten. Dies ist selbstverständlich ratsam, um Ihre Rechte durchzusetzen. Die Polizei kann den Tatort aufnehmen und Beweismittel sichern.
Medizinische Soforthilfe und Spurensicherung
Sie sollten sich im akuten Fall bitte niemals scheuen, sich medizinisch behandeln zu lassen und etwaige Infektionen oder andere Folgeschäden zu verhindern.
Die Ärzte stehen unter einer Schweigepflicht. Die Schweigepflicht ist weit auszulegen und umfasst so ziemlich alles, was Ihr Arzt-Patienten-Verhältnis betrifft.
Der Arzt untersteht dabei keiner Offenbarungspflicht, das heißt, er muss bzw. darf in Deutschland nicht melden, dass Sie Opfer einer Straftat wurden, um Ihr Verhältnis nicht zu schädigen. Er steht unter Schweigepflicht. Eine Ausnahme besteht für Ihren Arzt nur dann, wenn noch andere Personen oder die Allgemeinheit in Gefahr sind. Sollte dies der Fall sein, ist es aber sicherlich auch klug, dass diesen Menschen geholfen werden muss. Im Regelfall betrifft die Situation aber ja nur Sie und den Täter und der Arzt muss schweigen. Die Polizei darf also im absoluten Regelfall nicht eigenmächtig hinzugezogen werden.
Das alles bedeutet für Sie nicht, dass Sie schutzlos sind. Sondern es bedeutet, dass Sie die Ärzte medizinisch schützen und Sie sich sodann nach anwaltlicher Beratung selbst dazu entscheiden können, ob Sie die Tat anzeigen möchten und dagegen vorgehen wollen. Eine solche Entscheidung fällt vielen angesichts bestimmter Lebenssituationen oft schwer und niemand wird nach Inanspruchnahme von Hilfe zu irgendeiner Entscheidung gedrängt.
Bei der Wahl des richtigen Arztes können Sie sich an Kliniken wenden oder Ihren Vertrauensärzten - da kommt es konkret darauf an, was vorgefallen ist, und wie dringend Sie behandelt werden müssen. Auch ist es wichtig, ob Spuren akut gesichert werden sollen.
Es ist wichtig, dass Sie sich medizinische Hilfe suchen und mit Ihrem Arzt kurz über das Geschehene reden, damit dieser genau weiß, worauf er achten muss. Es ist wichtig, dass der Arzt bzw. die Ärztin die Verletzungen und mögliche weitere Spuren dokumentiert. Schriftlich, per Abstrich, per Fotos. Die Verletzungen sollten zwingend als Beweismittel dokumentiert werden - egal wie Sie sich später entscheiden möchten. Weisen Sie Ihren Arzt/Ihre Ärztin auf die Dokumentation hin, wenn sie oder er es nicht von selbst vornimmt. Sie werden hierbei so sanft wie möglich untersucht.
Es wird sich vermutlich nicht gut anfühlen, mit einer fremden Person über das zu reden, was passiert ist. Untersucht zu werden. Das kann man leider auch nicht schön reden. Wir wissen aber, dass die untersuchende Person so sanft wie möglich sein wird. Dass Sie in einem geschützten Bereich sind. Dass das, was passiert ist, hinter Ihnen liegt und Sie jetzt gerade umsorgt werden. Sie müssen nicht viel denken oder entscheiden.
Natürlich ist es oft auch erforderlich, dass Ihre Verletzungen nicht nur dokumentiert, sondern auch behandelt werden.
Sollte es Ihnen ohnehin nur um eine direkte Spurensicherung gehen, so können Sie sich auch an die sogenannte anonyme Spurensicherung in Ihrer Umgebung wenden. Googlen Sie diesen Begriff und den Ort, in dem Sie sich befinden. Diese Anlaufstellen sind rechtsmedizinisch erheblich besser geschult als gewöhnliche Kliniken oder Ihr persönlicher Arzt/Ärztin.
Wenn Sie aber schon jetzt wissen, dass Sie sich gegen den Täter wehren möchten, können Sie entweder direkt zur Polizei gehen oder über Ärzte weitere Hilfe durch Polizistinnen anfordern. Diese würden direkt das Verfahren aufnehmen. Die Polizei kann sodann auch eine rechtsmedizinische Spurensicherung über das Gericht anfordern.
Sollten Sie Bedenkzeit brauchen, holen Sie sich im besten Fall anwaltliche Hilfe oder Hilfe in einem Opferschutzverein (Beispiele: Weißer Ring e.V., Wildwasser e.V.). Vergessen Sie jedoch nicht, dass Spuren verloren gehen. Insbesondere bei sexualisierten Übergriffen können Spermaspuren und weitere DNA letztlich wirklich effektiv nur in den ersten Stunden nach dem Übergriff festgehalten werden.
Notfalluntersuchungen - aber wo?
In Deutschland ist das ärztliche Hilfsnetz bei derartigen Notfalluntersuchungen weniger ausgeprägt als andernorts. Je nachdem wo in Deutschland Sie wohnen, empfiehlt es sich, zu googlen oder sich über Opferschutzorganisationen oder die 116 117 zu informieren, wo Sie sich am besten untersuchen lassen können. Die Kostenübernahme der Untersuchung und Sicherung der Beweismittel in Kliniken wird je nach Stadt manchmal nur gewährleistet, wenn Sie bereit sind, eine Anzeige zu machen. Frauenärzte haben oftmals organisatorische und finanzielle Einschränkungen in ihren Kapazitäten. Lassen Sie sich also am besten kurz beraten.
Anwaltliche Soforthilfe
Wie auch immer Sie sich in der jeweiligen Situation entscheiden solltest (direkt anzeigen oder nicht), ist anwaltlicher Rat essentiell.
Kontaktieren Sie uns gerne für eine Erstberatung und wir besprechen Ihren Fall. Das was auf Sie zukommt, Ihre Sorgen und Möglichkeiten. Einen ersten Einblick hierzu finden Sie auch hier.
Wir wissen, dass Ihnen bestimmte Entscheidungen niemand abnehmen kann und sollte. Wir werden Sie für keinen Weg verurteilen. Es ist zwar immer die richtige Entscheidung für sich einzustehen und niemanden mit seinen Taten davon kommen zu lassen. Aber das Leben und die jeweilige Lebenssituation sind selten einfach. Entscheiden Sie sich so, wie es für Sie das beste wäre.
Um von Anfang an rechtliche Sicherheit zur Situation zu bekommen und das Verfahren gegen den Täter zu sichern, ist es wichtig, so früh wie möglich eine Anwältin dazu zu holen. Sie müssen sich nicht fürchten oder schämen. Wir werden erstmal nur reden und Sie werden Zeit bekommen, in Ruhe entscheiden zu können. Sich zu Ihren Möglichkeiten zu informieren, ist aber für Sie absolut wichtig.
Psychologische Soforthilfe
Unter Absprache mit Ihrer Anwältin sollten Sie sich auch psychologische Hilfe suchen. Dies sollten Sie deswegen mit der Anwältin absprechen, damit Ihre spätere mögliche Zeugenaussage nicht angegriffen werden kann, weil sie angeblich therapeutisch verfälscht sein könnte.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Sie sich keine therapeutische Hilfe suchen können. Es gibt bei der gesamten Situation nur ein paar Punkte zu beachten, um letztendlich alles richtig zu machen.
Sollten Sie akut psychologische Nothilfe brauchen, sollten die rechtlichen Folgen zweitrangig sein.
Telefonnummern und Anlaufstellen
- 110 für die Polizei
- 112 für Feuerwehr und Rettungsdienste (körperlich oder psychisch)
- 116117 für den ärztlichen Bereitschaftsdienst
- 0800-1110111 und 0800-1110222 für den psychologischen Notdienst als Telefonseelsorge
- 030-443509821 für eine muslimische Telefonseelsorge
- 0800 116 016 Hilfetelefon bei häuslicher Gewalt
- Anwaltlicher Notdienst
Falls Sie bei den Hilfetelefonen unsicher sein sollten, googeln Sie die Nummern und machen Sie sich mit den dahinterstehenden Organisationen vertraut. Vertrautheit schafft Sicherheit.
Suchen Sie im Zweifel auch ohne Telefonat die Notaufnahme für Ihre akute medizinische oder psychologische Not auf (und lassen Sie die Behandlung dokumentieren).
Auf der Website der Stiftung Deutsche Depressionshilfe sind Kliniken und Anlaufstellen mit Schwerpunkt Psychiatrie und Psychotherapie per Schnellsuche zu finden. Nutzer geben den Wohnort ein und erhalten eine Liste mit Einrichtungen in nächster Nähe. Ebenfalls können Betroffene Krisendienste und Beratungsstellen in ihrer Umgebung finden.
Nehmen Sie Kontakt zu Opferschutzorganisationen auf.
Lassen Sie sich bei Bedarf diskret an ein Frauenhaus vermitteln.
Angst
Das bohrende Gefühl von Panik. Noch nicht aus dieser Situation raus zu sein, obwohl sie vielleicht eigentlich schon beendet ist. Angst kann lähmen und einen um den Verstand bringen. Angst soll dem Körper zeigen, dass man wachsam sein muss und die Kontrolle über die Situation zurück erlangen sollte. Zeigen Sie Ihrer Psyche und Ihrem Körper, dass Sie sich Hilfe suchen und Kontrolle haben. Damit die Alarmbereitschaft etwas abklingen kann. Begeben Sie sich in die richtigen Hände und lassen Sie sich helfen.
Scham
Opfer oder Überlebende zu sein, ist mit vielen Gefühlen verbunden. Absurderweise ist oftmals eines der prägnantesten Gefühle neben Angst auch Scham. Sei es vor den Personen, die einem helfen, einem selbst oder den nächsten Angehörigen.
Hilfspersonen wie Ärzte, Therapeuten und Anwälte sind extra ausgebildet, um Sie aufzufangen. Sie haben Ihre Situation schon in allen möglichen Facetten erlebt und es gibt keinen Grund, sich zu schämen. Egal, was vorher passiert ist. Und wir betonen das nochmal, weil es so wichtig ist: Egal, wie Sie sich vorher oder bei der Tat verhalten haben, Sie sind nicht Schuld daran. Sie müssen sich nicht schämen für das, was passiert ist. Kein Mensch ist daran Schuld, wenn er oder sie zum Opfer wird. Auch wenn es sich manchmal so anfühlen kann.
Gerade bei Sexualdelikten und der Einbeziehung von Eltern/Vertrauenspersonen oder Gleichaltrigen kann es oft dazu kommen, dass die Opfer sich schämen. Ihre Vertrauenspersonen werden Sie schützen wollen. Sie müssen sich nicht vor ihnen schämen. Sie werden nichts böses oder unanständiges von Ihnen denken, sondern sich um Sie sorgen. So wie Sie sich um andere sorgen würden, wenn sie Ihnen so etwas erzählen würden. Sie werden nicht von Ihnen enttäuscht sein. Und falls es Ihnen schwer fällt, allein den Einstieg zu finden, helfen wir Ihnen dabei. Sprechen Sie uns einfach drauf an.