Drogendelikte bzw. Betäubungsmitteldelikte
Was sind Drogen-Delikte? Betäubungsmittel-Delikte oder Btm-Delikte?
Das Betäubungsmittelgesetz (BtmG) ist vielen Menschen ein Dorn im Auge. Es beinhaltet unter anderem Strafbarkeiten, die in Verbindung mit Drogen stehen. Zum Beispiel der Besitz oder Handel mit Drogen. Interessanterweise werden die Delikte in diesem Gesetz ganz herausragend stark bestraft. Gerade im Vergleich zu anderen Delikten bekommt man hier schnell Freiheitsstrafen von mehreren Jahren (womit nicht selten auch eine Bewährungsstrafe ausscheidet). Betäubungsmittelverfahren ziehen häufig enorme Rattenschwänze mit sich, bei welchen ganze Bereiche organisierter Kriminalität betroffen sind. Aus diesem Grund handelt es sich häufig auch um langwierige, intensive Verfahren.
Drogendelikte sind in Deutschland eine der häufigsten Deliktsarten. Im Jahr 2022 wurden insgesamt rund 320.000 Drogendelikte registriert. Betäubungsmitteldelikte stellen also einen bedeutenden Bereich des deutschen Strafrechts dar.
In deutschen Strafverfahren werden Drogendelikte nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) verfolgt.
Als Strafverteidiger stehen wir häufig vor der Herausforderung, unsere Mandanten in diesen komplexen Fällen zu vertreten.
Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz
Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) regelt den Umgang mit Betäubungsmitteln in Deutschland. Verstöße gegen dieses Gesetz, wie unerlaubter Besitz, Handel oder Produktion, werden als Betäubungsmitteldelikte bezeichnet und können je nach Schwere mit Geldstrafen oder (teilweise sehr hohen) Freiheitsstrafen geahndet werden.
- Unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln: Der Täter besitzt Betäubungsmittel, obwohl er dazu nicht berechtigt ist.
- Unerlaubter Anbau von Betäubungsmitteln: Der Täter baut Betäubungsmittel an, obwohl er dazu nicht berechtigt ist.
- Unerlaubter Handel mit Betäubungsmitteln: Der Täter handelt mit Betäubungsmitteln, obwohl er dazu nicht berechtigt ist.
- Unerlaubter Erwerb von Betäubungsmitteln: Der Täter erwirbt Betäubungsmittel, obwohl er dazu nicht berechtigt ist.
- Unerlaubte Abgabe von Betäubungsmitteln: Der Täter gibt Betäubungsmittel ab, obwohl er dazu nicht berechtigt ist.
Verfahrensablauf
Drogendelikte werden in der Regel von der Polizei ermittelt. Nach Abschluss der Ermittlungen wird die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob Anklage erhoben wird.
Im Strafverfahren wird der Täter dann vom Gericht angeklagt und verurteilt. Wenn die Tat einer besonders hohen Strafandrohung unterliegt und die Voraussetzungen vorliegen, wird oftmals für den Beschuldigten Untersuchungshaft angesetzt.
Wie erfolgt die Beweisermittlung in Betäubungsmitteldelikten?
Die Beweisermittlung ist entscheidend für den Ausgang des Verfahrens und kann in Betäubungsmitteldelikten besonders anspruchsvoll sein.
- Beschlagnahmung von Substanzen: Die Polizei kann verdächtige Substanzen beschlagnahmen und zur Analyse schicken. Die genaue Bestimmung des Wirkstoffgehalts und der Menge sind oft entscheidend für das Strafmaß.
- Überwachungsmaßnahmen: Telekommunikationsüberwachung oder verdeckte Ermittlungen können eingesetzt werden, um Beweise gegen Verdächtige zu sammeln.
- Zeugenaussagen: Andere Beteiligte oder Augenzeugen können wichtige Informationen liefern, die den Tathergang oder die Beteiligung des Angeklagten klären.
- Durchsuchungen: Die Durchsuchung von Wohnräumen, Fahrzeugen oder Personen kann zur Auffindung von Beweismitteln führen.
Strafmaß
Die Strafen für Drogendelikte können je nach Schwere der Tat variieren.
Bei einer Verurteilung wegen einer Straftat nach dem BtMG kann eine Geldstrafe oder eine hohe Freiheitsstrafe verhängt werden. Hier kommt es entscheidend darauf an, was genau verwirklicht wurde. Kann ein bandenmäßiges Handeln oder das Mitsichführen einer Waffe nachgewiesen werden. Liegt eine geringe oder nicht geringe Menge an Betäubungsmitteln dem Strafvorwurf zugrunde?
Im Gegensatz zu klassischen Delikten des Strafgesetzbuches werden die meisten Drogendelikte zu nicht geringen Mengen mit sehr hohen Mindeststrafen belegt. Hierdurch gehören diese Betäubungsmitteldelikte oftmals zur Kategorie der Schwerverbrechen.
Strafverteidigersicht
Als Strafverteidiger sind wir häufig mit Drogendelikten konfrontiert. In unserer Arbeit geht es uns darum, die Rechte unserer Mandanten zu wahren und sie bestmöglich zu verteidigen.
Bei der Verteidigung von Drogendelikten sind folgende Aspekte zu beachten:
- Die Beweislage: Die Beweislage in Drogendelikten ist oft schwierig. Die Polizei muss in der Regel Beweismittel wie Drogen, Geld oder Zeugenaussagen sichern. Nicht selten sind wichtige Drogenverfahren von besonders großem Umfang, da viele Personen involviert sein können.
- Die Rechtslage: Die Rechtslage in Drogendelikten ist komplex. Es ist wichtig, sich mit der aktuellen Rechtsprechung vertraut zu machen.
- Die Interessen des Mandanten: Wir müssen die Interessen unseres Mandanten im Auge behalten. Dies kann bedeuten, dass wir uns für eine Einstellung des Verfahrens oder für eine mildere Strafe einsetzen. Auch kann dies schwierige Entscheidungen hinsichtlich einer Untersuchungshaft mitsichbringen.
Wie kann ein Strafverteidiger bei Betäubungsmitteldelikten unterstützen?
- Prüfung der Beweismittel: Es ist entscheidend zu überprüfen, ob alle Beweise rechtlich korrekt erhoben wurden. Illegal beschaffte Beweise könnten im Prozess unverwertbar sein.
- Verteidigungsstrategie: Abhängig von den vorliegenden Beweisen kann eine spezifische Verteidigungsstrategie entwickelt werden, z.B. das Bestreiten des Besitzes oder das Anzweifeln der Menge.
- Beratung zu § 31 BtMG: Ein Strafverteidiger kann den Angeklagten über die Vor- und Nachteile einer Zusammenarbeit mit den Behörden gemäß § 31 BtMG informieren.
Weiteres
Drogendelikte sind ein komplexes Rechtsgebiet. Als Strafverteidiger sind wir in der Lage, unsere Mandanten umfassend zu beraten und zu verteidigen.
Neben den in den vorangegangenen Abschnitten beschriebenen Grundlagen sind in Verfahren wegen Drogendelikten noch folgende Punkte zu beachten:
- Die Möglichkeit der Therapie: In manchen Fällen kann eine Therapie als milderndes oder sogar als rechtfertigendes Moment angesehen werden.
- Die Auswirkungen auf den Führerschein: Bei einer Verurteilung wegen eines Drogendelikts kann der Führerschein entzogen werden.
- Die Möglichkeit der Selbstanzeige: In manchen Fällen kann eine Selbstanzeige dazu führen, dass das Verfahren eingestellt wird.
- Die Möglichkeit, bei der Aufklärung zu helfen, sog. § 31 BtMG
Betäubungsmitteldelikte sind ein vielschichtiges Gebiet im deutschen Strafrecht. Als Strafverteidiger ist es unsere Pflicht, die Rechte unserer Mandanten zu schützen und für eine bestmögliche Vertretung zu sorgen. Jeder Fall ist einzigartig, und es ist wichtig, alle Details genau zu prüfen und die bestmögliche Verteidigungsstrategie zu wählen.
Side Facts von Betäubungsmitteldelikten
Der Ausdruck "31er" kommt gerade aus diesem Bereich. Nach dem BtmG erfährt man unter Umständen nämlich Straferleichterungen (oder mehr), wenn man Mitbeteiligte "verpfeifft". Menschen mit solchen Verhaltensweisen ("Petzen") werden im Jugendslang "31er" genannt.
Was ist § 31 BtMG und welche Rolle spielt er im Strafverfahren?
Der § 31 BtMG bietet Personen, die wegen eines Betäubungsmitteldelikts angeklagt sind, die Möglichkeit, durch eine Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden eine Strafmilderung oder gar Strafbefreiung zu erreichen. Konkret kann jemand, der freiwillig und umfassend über seine Mittäter oder Hintermänner aufklärt, von diesem "Deal" profitieren. Für Strafverteidiger ist es wichtig, die Möglichkeiten und Risiken dieses Paragrafen genau zu kennen und mit dem Mandanten zu besprechen.
Typische Verteidigungsstrategien bei Betäubungsmitteldelikten
Der Vorwurf von Drogendelikten umfasst ein breites Spektrum an strafbaren Handlungen, von Besitz über Handel bis hin zur Herstellung und Verbreitung illegaler Substanzen. Die Verteidigungsstrategien müssen daher individuell auf den jeweiligen Fall und die spezifischen Umstände abgestimmt werden. Im Folgenden werden zentrale Verteidigungsstrategien erläutert, die bei der Verteidigung gegen Drogendelikte in Betracht gezogen werden können.
Anfechtung der Tatbestandsmerkmale
- Fehlender Besitz: Der Verteidiger kann argumentieren, dass die Drogen nicht im Besitz des Beschuldigten waren. Dies kann durch die Tatsache untermauert werden, dass die Drogen in einem gemeinsamen oder öffentlich zugänglichen Raum gefunden wurden, in dem mehrere Personen Zugang hatten.
- Kein Beweis für Handelsabsicht: Die Verteidigung kann argumentieren, dass die Menge der gefundenen Drogen nur für den persönlichen Gebrauch ausreicht und nicht für den Handel bestimmt war. Dies kann durch Zeugenaussagen oder das Fehlen von Handelsutensilien (wie Waagen oder Verpackungsmaterial) gestützt werden.
- Fehlende Transaktionsbeweise: Bei Vorwürfen des Drogenhandels muss nachgewiesen werden, dass der Beschuldigte tatsächlich Drogen verkauft oder weitergegeben hat. Die Verteidigung kann anführen, dass es keine direkten Beweise für solche Transaktionen gibt.
- Fehlende Qualifikationsmerkmale: Es kann versucht werden, zu widerlegen, dass in einer Bande agiert wurde oder dass Waffen zur Verteidigung der Drogen bereit standen.
Unschuld und alternative Erklärungen
- Unwissenheit über den Besitz: Der Verteidiger kann darlegen, dass der Beschuldigte nicht wusste, dass er Drogen besaß. Dies kann durch Beweise wie die Aussage, dass die Drogen von jemand anderem hinterlassen wurden, untermauert werden.
- Fremdeinwirkung: Wenn nachgewiesen werden kann, dass die Drogen von einer dritten Person absichtlich platziert wurden, um den Beschuldigten zu belasten, könnte dies eine wirksame Verteidigungsstrategie darstellen.
- Kein Vorsatz: Argumentation, dass der Beschuldigte keine Absicht hatte, gegen das Betäubungsmittelgesetz zu verstoßen. Dies könnte beispielsweise durch die Darstellung, dass die Drogen versehentlich in den Besitz des Beschuldigten gelangten, erfolgen.
Verfahrensfehler und Rechtsverstöße
- Fehlende richterliche Anordnung: Überprüfung, ob die Durchsuchung und Beschlagnahme der Drogen ohne rechtmäßige richterliche Anordnung oder ohne hinreichenden Verdacht durchgeführt wurden. Unrechtmäßig erlangte Beweise können möglicherweise vor Gericht nicht verwertbar sein.
- Verletzung der Verfahrensrechte: Wenn die Rechte des Beschuldigten während der Festnahme oder Vernehmung verletzt wurden (z.B. kein rechtzeitiger Hinweis auf das Recht, einen Anwalt hinzuzuziehen), könnte dies zur Unverwertbarkeit von Aussagen oder Beweisen führen.
Beweisanfechtung: Glaubwürdigkeit der Zeugen und forensische Beweise
- Konsistenz und Glaubwürdigkeit: Überprüfung der Glaubwürdigkeit und Konsistenz der Aussagen der Zeugen, insbesondere der Polizeibeamten und Informanten. Widersprüche oder Ungenauigkeiten in den Aussagen können die Glaubwürdigkeit der Zeugen beeinträchtigen.
- Motivierte Zeugen: Identifikation möglicher Motive oder Vorurteile der Zeugen, die ihre Aussagen beeinflusst haben könnten, wie z.B. Strafmilderung für eigene Straftaten oder persönliche Fehden.
- Kontamination der Beweise: Nachweis, dass die Drogenbeweise kontaminiert oder fehlerhaft gesichert wurden. Ein unabhängiges forensisches Gutachten kann dies unterstützen.
- Fehlende oder widersprüchliche Beweise: Argumentation, dass die vorgelegten Beweise nicht ausreichen, um die Schuld des Beschuldigten zweifelsfrei nachzuweisen. Widersprüchliche Labortests oder fehlende Dokumentation der Beweiskette können Zweifel an der Zuverlässigkeit der Beweise aufkommen lassen.
Gutachten und Sachverständige: Toxikologische Analysen und psychologische Gutachten
- Unabhängige Gutachten: Einholung von Gutachten unabhängiger Toxikologen, um die vorgelegten Beweise der Anklage zu überprüfen und die Substanzanalysen zu bestätigen oder zu widerlegen.
- Menge und Reinheit: Überprüfung der Menge und Reinheit der Drogen, um festzustellen, ob diese tatsächlich die für den Handel notwendige Qualität und Quantität aufweisen. Es muss insbesondere der Wirkstoffgehalt analysiert werden, um die Grenze zur nicht geringen Menge darlegen zu können.
- Geistiger Zustand des Beschuldigten: Falls der Beschuldigte an psychischen Erkrankungen leidet, kann ein psychologisches Gutachten hilfreich sein, um den geistigen Zustand zum Tatzeitpunkt zu bewerten und mögliche Einflüsse auf sein Verhalten darzulegen. Es kann hierbei auch zu ermitteln sein, ob die Taten aufgrund einer Betäubungsmittelabhängigkeit erfolgten. Dies kann die Türen in den §35 BtMG oder § 64 StGB öffnen.
Mildernde Umstände und persönliche Hintergründe
- Geständnis und Reue: Ein frühzeitiges Geständnis und Ausdruck von Reue können strafmildernd wirken. Der Beschuldigte sollte zeigen, dass er Verantwortung übernimmt und bedauert, was passiert ist.
- Bemühungen um Wiedergutmachung: Nachweis, dass der Beschuldigte aktiv versucht hat, den angerichteten Schaden wiedergutzumachen oder sich um eine Entschädigung der Geschädigten bemüht hat.
- Hintergrund des Beschuldigten: Präsentation der persönlichen Geschichte und Lebensumstände des Beschuldigten, die mildernde Umstände darstellen können (z.B. familiäre Probleme, finanzielle Notlagen, psychische Belastungen).
- Geringe kriminelle Energie: Darstellung, dass der Beschuldigte keine hohe kriminelle Energie aufweist und möglicherweise nur einmalig oder unter besonderen Umständen straffällig geworden ist.
Fazit
Die Verteidigung beim Vorwurf von Drogendelikten erfordert eine sorgfältige und durchdachte Strategie, die alle rechtlichen und faktischen Aspekte des Falls berücksichtigt. Eine effektive Verteidigung umfasst die Anfechtung der Tatbestandsmerkmale, die Nutzung von Unschuld und alternativen Erklärungen, die Aufdeckung von Verfahrensfehlern, die Überprüfung und Anfechtung der Beweise, die Einholung von Gutachten und Sachverständigen sowie die Darstellung mildernder Umstände. Ziel ist es, die bestmögliche Verteidigung für den Beschuldigten sicherzustellen und eine faire und gerechte Behandlung im Strafverfahren zu erreichen.
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