Wie entscheidet der Richter, ob der Zeuge die Wahrheit spricht?
Zeugenaussagen sind als Beweismittel häufig unglaublich wichtig. Konkrete Wahrnehmungen, Schilderungen von Erlebtem können den Beschuldigten erheblich belasten oder entlasten.
Doch wie entscheidet der Richter eigentlich, ob die Zeugenaussage so stimmen kann oder nicht?
Gerade wenn die Aussage des Zeugen den Angaben des Beschuldigten widerspricht, ist es von absoluter Wichtigkeit, dass genau ermittelt wird, wer die Wahrheit spricht und wer nicht. Wenn beide Aussagen auch noch die einzigen Beweismittel sind (wie zum Beispiel bei vielen Sexualdelikten oder Gewaltdelikten), hat eine Zeugenaussage besonderes Gewicht.
Das Gericht entscheidet idealerweise nicht nach Lust und Laune, welchen Angaben es folgen möchte, sondern anhand von bestimmten Kriterien. Entscheidungsfindung ist ein juristisches Handwerk und sollte bestenfalls nicht willkürlich verlaufen. Im Urteil muss der Richter immerhin auch genau erläutern, wieso welche Aussagen seines Erachtens der Wahrheit entsprechen oder eben nicht.
Zeugen unterliegen der Wahrheitspflicht; Beschuldigte nicht.
Das hindert Zeugen nicht daran, aus unterschiedlichsten Gründen ggf. die Unwahrheit zu sprechen. Sei es als aktive Lüge oder Schilderung einer Fehlwahrnehmung. Nicht jeder Zeuge spricht auch die Wahrheit.
Beschuldigten werden ebenso oft Schutzbehauptungen vorgeworfen.
Daher ist die Ermittlung der Aussagen besonders entscheidend. Aussagepsychologie hilft hierbei, hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes der Aussage eines Zeugen oder auch des Beschuldigten, Licht ins Dunkeln zu bringen.
Meist ist es im Übrigen nicht die eine Sache, weswegen der einen oder anderen Person geglaubt wird, sondern eine Gesamtbetrachtung aller Umstände, eine Abwägung der Kriterien im Ganzen.
Kann das Gericht nicht zweifelsfrei feststellen, ob der Zeuge die Wahrheit spricht oder nicht, hat bei einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation in dubio pro reo der Freispruch des Beschuldigten zu erfolgen.
Welche Kriterien sind hierbei von Bedeutung für die Glaubhaftigkeit einer Aussage oder der Glaubwürdigkeit der aussagenden Person?
- Plausibilität des Aussageinhalts
- Widerspruchsfreiheit
- Aussagekonstanz
- Entstehungsgeschichte
- Die allgemeine Aussagekompetenz, z.B. Behinderungen oder hinsichtlich des Alters
- Plausibles Detailreichtum der Aussage
- Fähigkeit, Abläufe oder Handlungen nicht nur chronologisch zu schildern
- Spontanes Antworten möglich
- Ist der geschilderte Ablauf anhand der Akte belegt? Oder gibt es sogar Anhaltspunkte dagegen?
- Schilderung von Kommunikation, Interaktion und Komplikation
- Wiedergabe eigenen Erlebens und psychischer Vorgänge wie Gefühle, Sorgen und Ängste
- Räumt Erinnerungslücken ein, falls diese bestehen?
- Keine überschießenden Belastungstendenzen
- Wortwahl
- Emotionale Betroffenheit bei Tätigung der Aussage
- Motive
- Keine Anhaltspunkte für Fehlwahrnehmung oder Lüge
- Antwortverhalten gegenüber den Vernehmenden
Dies ist nur ein kurzer Überblick über wichtige Aspekte, letztlich kann die Liste hierzu unendlich lang sein. Aussagen sind Kommunikation und bei Kommunikation werden Informationen auf unterschiedlichsten Ebenen transportiert. Und dies gilt es als Richter zu analysieren, einzuordnen und auf Grundlage dessen eine Entscheidung zu treffen.
Aussagepsychologie ist ein wichtiger Aspekt von Vernehmungen - insbesondere bei Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen.
Beauftragen Sie einen Anwalt, der sich in diesem Bereich perfekt auskennt. Nur so können Vernehmungen ansatzweise zielführend umgesetzt werden.
Rechtsanwältin Funke ist erfahren und besonderes interessiert am Bereich der Aussagepsychologie. Als zwischenmenschliche Stellschraube können hieraus viele Möglichkeiten geschöpft werden.