Muss ich als Beschuldigter zur Gerichtsverhandlung erscheinen?

In Deutschland hängt die Pflicht eines Beschuldigten, zur Gerichtsverhandlung zu erscheinen, von mehreren Faktoren ab, darunter der Status des Beschuldigten und die Art des Verfahrens

Es gilt

Im Grundsatz müssen Sie als Beschuldigter auf Ladung des Gerichts zu Ihrem Gerichtstermin erscheinen.

  • Sobald das Hauptverfahren eröffnet und der Beschuldigte zum Angeklagten wird, ist dieser grundsätzlich verpflichtet, bei der Hauptverhandlung persönlich anwesend zu sein. Die Anwesenheitspflicht ist in der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. 
  • Vorladung: Die Ladung zum Erscheinen vor Gericht erfolgt in der Regel schriftlich. Sie enthält Informationen über die Konsequenzen eines unentschuldigten Fernbleibens. 



Fernbleiben ohne triftigen Grund

  • Konsequenzen drohen insbesondere dann, wenn das persönliche Erscheinen des Angeklagten gem. § 236 StPO angeordnet wurde und der Angeklagte ordnungsgemäß geladen wurde. 
  • Die häufigste Variante ist, dass auf Antrag der Staatsanwaltschaft ein Strafbefehl erlassen wird. Gegen diesen kann sodann Einspruch eingelegt werden. Dies ist gerade dann der Fall, wenn der Fall einigermaßen unstreitig wirkt und auch die Strafzumessung ohne große Probleme auch ohne persönlichen Eindruck des Angeklagten umgesetzt werden könnte.
  • Das Gericht kann im Zuge eines Vorführbefehls den Angeklagten vorführen lassen (§ 230 Abs.2 Alt.1 StPO). Das bedeutet, dass man vor der Verhandlung durch die Polizei eingesammelt wird. Das passiert oftmals dann, wenn das Gericht sich einen persönlichen Eindruck vom Angeklagten machen möchte. Das ist allen voran dann sinnvoll, wenn es sich um einen Bewährungsversager handelt.
  • Auch kann das Gericht den Erlass eines Sitzungshaftbefehls anordnen (§ 230 Abs.2 Alt.2 StPO). Der Angeklagte wird bei dieser Variante in eine JVA verbracht und muss dort bis zum nächsten Verhandlungstermin bleiben. Die Voraussetzungen der gewöhnlichen Untersuchungshaft müssen dabei nicht vorliegen. Diese Variante erscheint nur in schwerwiegenderen Verfahren verhältnismäßig.
  • Alternativ kann das Gericht entscheiden, in seiner Abwesenheit zu verhandeln, wenn dies gesetzlich zulässig ist, zum Beispiel in den Fällen §§ 231a, 231b, 232 StPO. Ein wichtiger Fall ist hierbei auch, dass der Mandant gem. § 234 StPO von seinem Verteidiger in besonderem Maße vertreten wird.
  • Ist der Aufenthalt des Beschuldigte nicht zu ermitteln und wird dies spätestens zum ersten Gerichtstermin deutlich, kann das Verfahren vorübergehend eingestellt werden, § 205 StPO. Gerade wenn die Ladung nicht zugestellt werden konnte, passiert dies nicht selten, sofern dies verhältnismäßig ist.



Erlaubtes Fernbleiben

  • In seltenen Fällen kann der Angeklagte in Strafverfahren auch von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen entbunden werden, § 233 StPO. In Bußgeldverfahren kommt dies sehr häufig vor.
  • Der Beschuldigte kann sogar in bestimmten Verfahren teilweise beurlaubt werden, § 231c StPO.
  • In beiden Fällen ist dazu ein Gerichtsbeschluss im Vorfeld des Gerichtstermins durch Beantragung zu erwirken.



Erkrankung oder unüberwindbare Hindernisse

Kann ein Angeklagter wegen einer ernsthaften Erkrankung oder anderer unüberwindbarer Hindernisse nicht erscheinen, muss dies dem Gericht mitgeteilt und in der Regel durch geeignete Nachweise belegt werden. Das Gericht entscheidet dann über das weitere Vorgehen. Wichtig dürfte hier die Glaubhaftigkeit der Angabe sein und wir kurzfristig dies mitgeteilt wurde.


Weiteres

  •  In den Rechtsmittelinstanzen (Berufung und Revision) gelten teils andere Regelungen. Hier kann es sein, dass die Anwesenheit des Angeklagten nicht in jedem Fall erforderlich ist.
  • Es ist wichtig, dass sich Angeklagte im Falle einer Ladung zum Gericht durch einen Anwalt beraten lassen, um ihre Rechte und Pflichten genau zu kennen und unangenehme Folgen wie eine mögliche Verhaftung zu vermeiden. 



Unser Tipp: Wenn nichts anderen durch das Gericht schriftlich erklärt wurde, erscheinen Sie absprachegemäß zum Gerichtstermin. Alles andere kann zu erheblichen Nachteilen führen! Lassen Sie sich anwaltlich beraten, sofern dies nicht ohnehin schon erfolgt ist.