Hauptverfahren / Gerichtsverfahren

Das Hauptverfahren ist die zentrale Phase im deutschen Strafverfahren, in der über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten vor Gericht entschieden wird. Es mündet in die Hauptverhandlung, welche öffentlich vor dem zuständigen Strafgericht stattfindet. 

Hauptverfahren: Allgemein

  • Ziel: Feststellung der Schuld oder Unschuld des Angeklagten.
  • Beginn: Nach Eröffnungsbeschluss durch das Gericht.
  • Ablauf: Förmliche mündliche Verhandlung, bei der Anklage und Verteidigung ihre Argumente und Beweise vorbringen.



Rolle des Gerichts

  • Rechtsprechung: Das Gericht entscheidet über die Schuld des Angeklagten und setzt bei einer Verurteilung das Strafmaß fest.
  • Verhandlungsleitung: Der Vorsitzende Richter leitet die Verhandlung, achtet auf die Einhaltung der Verfahrensordnung und gewährleistet einen fairen Prozess.
  • Beweisaufnahme: Das Gericht führt die Beweisaufnahme durch, hört Zeugen, Sachverständige, den Angeklagten und nimmt sonstige Beweise zur Kenntnis. 
  • Urteilsfindung: Das Gericht bewertet die erhobenen Beweise und trifft eine Entscheidung auf der Grundlage des in der Hauptverhandlung Erörterten.



Ablauf einer Gerichtsverhandlung

  1. Eröffnung der Hauptverhandlung: Verlesung der Anklageschrift durch den Staatsanwalt.
  2. Persönliche Angaben: Befragung des Angeklagten zu seinen persönlichen Verhältnissen.
  3. Vernehmung des Angeklagten: Der Angeklagte kann sich zur Sache äußern, hat aber ein Schweigerecht.
  4. Beweisaufnahme: Vernehmung von Zeugen, Gutachten von Sachverständigen, Präsentation von Sachbeweisen. Es können auch weitere Beweisanträge gestellt werden.
  5. Plädoyers: Staatsanwaltschaft und Verteidigung fassen ihre Argumente zusammen und beantragen ein Urteil.
  6. Letztes Wort des Angeklagten: Der Angeklagte hat das Recht, sich ein letztes Mal zu äußern.
  7. Urteilsverkündung: Das Gericht verkündet das Urteil mit einer Begründung.



Ablauf einer Zeugenvernehmung

  1. Aufruf des Zeugen: Der Zeuge wird aufgerufen und seine Personalien werden festgestellt.
  2. Belehrung: Der Zeuge wird über seine Rechte und Pflichten sowie über die Folgen einer falschen Aussage belehrt.
  3. Vernehmung zur Sache: Der Zeuge wird zu seinem Wissen über den Sachverhalt befragt.
  4. Fragen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung: Beide Parteien können ergänzende Fragen stellen.
  5. Fragen des Gerichts: Das Gericht kann zusätzliche Fragen zur Aufklärung stellen.
  6. Schutz des Zeugen: Bei Bedarf werden Schutzmaßnahmen für den Zeugen getroffen (z.B. Ausschluss des Angeklagten).



Abschlüsse



Voraussetzungen für eine Verurteilung

  • Beweis der Schuld: Überzeugung des Gerichts von der Schuld des Angeklagten "ohne vernünftigen Zweifel".
  • Recht auf ein faires Verfahren: Gewährleistung der Verfahrensrechte des Angeklagten, einschließlich des Rechts auf Verteidigung.
  • Gesetzmäßigkeit: Die Tat muss zum Zeitpunkt ihrer Begehung gesetzlich als Straftat definiert gewesen sein (nullum crimen, nulla poena sine lege).
  • Beweismittel: Alle Beweise müssen in der Hauptverhandlung vorgebracht und können von der Gegenseite angegriffen werden.



Nach der Verurteilung

  • Rechtsmittel: Gegen das Urteil können Rechtsmittel eingelegt werden, in der Regel Berufung oder Revision.
  • Vollstreckung: Nach Rechtskraft des Urteils tritt die Vollstreckung ein.



Das Hauptverfahren und insbesondere die Hauptverhandlung sind durch ein strenges formales Prozedere geprägt, das darauf ausgelegt ist, die materielle Wahrheit zu finden und dabei die Rechte aller Beteiligten zu wahren.