Ermittlungsverfahren
Das Ermittlungsverfahren bildet in Deutschland die erste Phase des Strafprozesses und dient dazu, den Sachverhalt aufzuklären und zu entscheiden, ob das Verfahren mit einer Anklage vor Gericht weitergeführt wird.
Ermittlungsverfahren: Allgemein
- Ziel: Aufklärung des Sachverhalts und Sammlung von Beweisen.
- Auslöser: Anfangsverdacht einer Straftat durch Anzeige, Selbstanzeige, Hinweise oder durch die Polizei selbst.
- Dauer: In der Regel mindestens drei Monate - Ende "offen".
Rolle der Staatsanwaltschaft
- Herrin des Ermittlungsverfahrens: Leitet das Verfahren und entscheidet über den Fortgang. NICHT die Polizei.
- Ermittlungsauftrag: Koordiniert die Ermittlungen und kann spezielle Anordnungen beauftragen (z.B. Durchsuchungsbefehle, Beschlagnahme, Telefonüberwachung).
- Entscheidung über Anklage: Nach Abschluss der Ermittlungen entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob sie die Anklage erhebt oder das Verfahren einstellt.
- Anklageerhebung: Bei hinreichendem Tatverdacht und Vorliegen eines öffentlichen Interesses wird Anklage erhoben, ansonsten kann das Verfahren eingestellt werden.
Rolle der Polizei
- Ermittlungsorgan: Führt die tatsächlichen Ermittlungen durch, sammelt Beweise und befragt Zeugen.
- Unterstützung der Staatsanwaltschaft: Agiert unter Anweisung der Staatsanwaltschaft und berichtet regelmäßig über den Stand der Ermittlungen.
- Festnahmen: Bei dringendem Tatverdacht kann die Polizei Verdächtige festnehmen und vorläufig in Gewahrsam nehmen. Über eine Inhaftierung über die Festnahme hinaus entscheiden sodann zunächst Staatsanwaltschaft und sodann der Ermittlungsrichter.
Voraussetzungen für eine Anklageerhebung
- Hinreichender Tatverdacht: Es muss eine hohe Wahrscheinlichkeit bestehen, dass der Beschuldigte die Tat begangen hat.
- Beweislage: Es müssen genügend Beweise vorhanden sein, die eine Verurteilung wahrscheinlich machen.
- Strafverfolgungsinteresse: Es muss ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bestehen; bei Bagatellfällen oder wenn der Beschuldigte ausreichend sanktioniert wurde, kann darauf verzichtet werden.
- Keine Verfahrenshindernisse: Es dürfen keine rechtlichen Gründe vorliegen, die einer Anklage entgegenstehen, wie Verjährung oder Immunität.
Weitere Verfahrensoptionen
- Strafbefehlsverfahren: Bei eindeutiger Beweislage und geringerem Strafmaß kann die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl beantragen, der ohne Hauptverhandlung ergeht.
- Einstellung des Verfahrens: Das Verfahren kann unter bestimmten Bedingungen eingestellt werden, z.B. bei geringer Schuld oder nach Erfüllung von Auflagen und Weisungen. Das Verfahren muss zwingend eingestellt werden, wenn kein hinreichender Tatverdacht beweisbar vorliegt.
Abschluss des Ermittlungsverfahrens
- Anklageerhebung: Formalisierung durch Einreichung einer Anklageschrift beim zuständigen Gericht.
- Übergang zum Zwischenverfahren: Das Gericht prüft die Anklageschrift und entscheidet über die Eröffnung des Hauptverfahrens.
Das Ermittlungsverfahren ist somit grundlegend für den weiteren Verlauf des Strafprozesses. Die Rollen von Staatsanwaltschaft und Polizei sind klar definiert und auf eine effektive Zusammenarbeit ausgerichtet, um den Rechtsfrieden zu wahren und Straftaten aufzuklären.