Anordnung des §63 StGB - was bedeutet das?

Strafverfahren nach § 63 StGB: Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus

Der § 63 des deutschen Strafgesetzbuches (StGB) ist ein zentrales Element in der Behandlung von Straftätern mit schwerwiegenden psychischen Störungen. In diesem Beitrag werden wir uns eingehender mit den Voraussetzungen für die Anordnung einer solchen Maßnahme und den typischen Anlassdelikten beschäftigen.


Konkret heißt es in § 63 StGB ...
"Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird."

Eine Unterbringung in einer forensischen Psychiatrie erfolgt also auf unbestimmte Dauer.


Voraussetzungen der Anordnung nach § 63 StGB

Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB setzt spezifische Bedingungen voraus:

1. Schwere psychische Störung als Hauptgrund der Schuldunfähigkeit/verminderten Schuldfähigkeit

Der Täter muss zum Tatzeitpunkt unter einer schweren psychischen Störung leiden. Diese kann verschiedene Formen annehmen, wie z.B. Schizophrenie, bipolare Störungen, schwere Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen oder psychotische Zustände. Diese Störung muss so schwerwiegend sein, dass sie die Schuldfähigkeit des Täters erheblich beeinträchtigt oder sogar ausschließt.

2. Zusammenhang zwischen Störung und Tat

Es muss ein direkter Zusammenhang zwischen der psychischen Störung und der begangenen Straftat bestehen. Das bedeutet, die Störung muss eine maßgebliche Ursache für die Tat sein.

3. Gefährlichkeitsprognose

Es muss eine konkrete Gefährlichkeitsprognose erstellt werden, die darauf hinweist, dass der Täter aufgrund seiner Störung auch zukünftig erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Diese Prognose basiert oft auf psychiatrischen Gutachten und berücksichtigt Faktoren wie die Vorgeschichte des Täters, die Art der begangenen Tat und das aktuelle Verhalten.

4. Verhältnismäßigkeit

Die Unterbringung muss verhältnismäßig sein. Dies bedeutet, dass der Eingriff in die Freiheitsrechte des Täters durch das öffentliche Sicherheitsinteresse gerechtfertigt sein muss.


Typische Anlassdelikte für die Anwendung des § 63 StGB

Während § 63 StGB grundsätzlich bei jeder Art von Straftat angewandt werden kann, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, gibt es einige Delikte, bei denen diese Maßnahme häufiger zur Anwendung kommt:

1. Gewaltdelikte

Dazu zählen schwerere Formen der Körperverletzung, Totschlag und Mord. Bei diesen Delikten kann eine schwere psychische Störung als eine Hauptursache für das gewalttätige Verhalten des Täters angesehen werden.

2. Sexualdelikte

Besonders bei wiederholten Sexualstraftaten oder bei Straftaten mit schwerwiegenden sexuellen Übergriffen kann eine psychische Störung als ursächlich angesehen werden.
Bei Verfahren im Zusammenhang mit Pädophilie stellt der Bundesgerichtshof hohe Anforderungen daran, dass diese eine generelle Gefährlichkeit begründet.

3. Brandstiftung

Schwere Brandstiftung, insbesondere wenn sie wiederholt oder unter gefährlichen Bedingungen erfolgt, kann auf psychische Probleme des Täters hinweisen.

4. Schwere Eigentumsdelikte

Auch bei schweren Eigentumsdelikten, wie Einbruch oder Raub, kann in manchen Fällen eine psychische Störung als Motivator hinter der Tat stehen.

5. Stalking und Belästigungsdelikte

Anhaltendes Stalking oder schwere Formen der Belästigung, die auf einer psychischen Störung beruhen, können ebenfalls zur Anwendung von § 63 StGB führen.


Die Bedeutung des §63er im deutschen Strafrecht

Der § 63 des Strafgesetzbuches (StGB) in Deutschland hat eine zentrale Bedeutung für das Strafrecht, insbesondere im Umgang mit Straftätern, die zum Zeitpunkt ihrer Tat unter einer schweren psychischen Störung litten. Die Hauptziele dieses Paragrafen sind der Schutz der Öffentlichkeit und die Behandlung des Täters. Hier eine detaillierte Erläuterung:

Schutz der Allgemeinheit/Präventiver Charakter
§ 63 StGB dient in erster Linie dem Schutz der Allgemeinheit vor Personen, die aufgrund einer psychischen Störung als gefährlich eingestuft werden. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus soll zukünftige Straftaten verhindern, die der Täter aufgrund seiner Störung begehen könnte.

Behandlungsaspekt/Therapeutische Maßnahme
Neben dem Schutz der Öffentlichkeit zielt § 63 StGB auch auf die therapeutische Behandlung des Täters ab. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ermöglicht eine spezialisierte medizinische und psychologische Betreuung, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Probleme des Täters zugeschnitten ist.


Rechtliche und gesellschaftliche Bedeutung

  • Balance zwischen Sicherheit und Menschenrechten: § 63 StGB spielt eine wichtige Rolle bei der Ausbalancierung zwischen dem Schutz der Gesellschaft und den Rechten des Einzelnen. Er ermöglicht einerseits die notwendige Behandlung für Menschen mit schweren psychischen Störungen und stellt andererseits sicher, dass von diesen Personen ausgehende Gefahren für die Gesellschaft minimiert werden.
  • Rehabilitation: Der Paragraph unterstreicht auch die Bedeutung der Rehabilitation im Strafrecht, weg von einer reinen Bestrafung hin zu einer umfassenderen Betrachtung der Ursachen kriminellen Verhaltens.



Auswirkungen im Strafverfahren

In einem Strafverfahren, in dem deutlich wird, dass eine Unterbringung gem. § 63 StGB erörtert werden muss, kann es sein, dass eine einstweilige Unterbringung gem. § 126a StPO angeordnet wird. Das ist vergleichbar mit der Untersuchungshaft, berücksichtigt jedoch die besonderen Verfahrensaspekte im Hinblick auf eine mögliche spätere Unterbringung in der forensischen Psychiatrie.
Der restliche Verfahrensablauf beschäftigt sich neben dem Tathergang insbesondere auch mit der Frage der Schuldfähigkeit und Gefährlichkeit des Beschuldigten. Hierzu werden psychiatrische Gutachten zur Entscheidungsfindung des Gerichtes angesetzt.


Abgrenzung zur Unterbringung nach dem PsychKG

Wird zum Selbst - oder Fremdschutz ohne Zusammenhang einer Straftat die Unterbringung nach dem PsychKG angeordnet, so ist dies ausdrücklich vom 63er zu unterscheiden. Hierbei handelt es sich um eine allgemeine Schutzmaßnahme - nicht um eine strafrechtliche Rechtsfolge oder vorläufige Anordnung in einem Strafverfahren.
Wir übernehmen keine Mandate zu Unterbringungen nach dem PsychKG.


Fazit

Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB ist eine schwerwiegende, aber notwendige Maßnahme im deutschen Strafrecht. Sie dient sowohl dem Schutz der Gesellschaft als auch der Behandlung des Täters. Die Anwendung dieser Vorschrift erfordert eine sorgfältige Prüfung jedes Einzelfalls unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände. Sie stellt einen wichtigen Aspekt der deutschen Rechtspraxis dar, der darauf abzielt, eine angemessene Balance zwischen der Sicherheit der Allgemeinheit und den Rechten des Einzelnen zu wahren.

Insgesamt ist § 63 StGB ein wesentliches Instrument im deutschen Strafrecht, das eine spezialisierte Behandlung für Straftäter mit schweren psychischen Störungen bietet und gleichzeitig der Sicherheit der Allgemeinheit dient. 


Rechtsanwältin Funke ist erfahren im Umgang mit §63er Verfahren und den Überprüfungsverfahren in den forensischen Psychiatrien. Entsprechende Verfahren sind - wenn man es vernünftig macht - wegen jahrelanger Aktenführungen und vielfacher Gutachtenstellungen aufwendig, entsprechend kostenintensiv und sollten nur von Experten bearbeitet werden! Nehmen Sie gerne Kontakt auf für Ihre Preisanfrage.