Muss Ihr Kind vor Gericht als Opfer aussagen?
Wenn Ihr Kind Opfer von Missbrauch geworden ist, ist es im Regelfall auch das wichtigste Beweismittel. Nicht selten das einzige unmittelbare Beweismittel, wenn nicht irgendwelche Bilder oder Videos vorliegen oder es andere Tatzeugen gibt.
Um die polizeiliche Vernehmung kommen Sie nicht drum herum.
Sollte ein Gerichtsverfahren eingeleitet werden, gibt es im Regelfall zwei große Möglichkeiten:
1. Entweder der Angeklagte gibt ein Geständnis ab.
Das wird oft dann gemacht, wenn Bilder, Videos oder andere Beweismittel vorliegen oder die Aussage im Ermittlungsverfahren kaum angreifbar sein wird. Denn im Fall eines Geständnisses erwartet einen gerade bei Kindesmissbrauch eine erhebliche Strafmilderung, falls es zum Urteil kommt.
In diesem Fall verzichten die Verfahrensbeteiligten normalerweise auf die Vernehmung des Kindes. Die Tatfolgen können oftmals auch über Angehörige oder ärztliche/therapeutische Berichte ermittelt werden. Das Kind muss in diesem Fall also nicht vor Gericht aussagen. Die polizeilichen Aussagen sind oftmals auch schon strapaziös genug und nicht selten liegen auch audio-visuelle Aufzeichnungen hierzu vor.
2. Oder der Vorwurf wird bestritten.
In diesem Fall muss der Fall ausermittelt werden. Die Verteidigung möchte alle Beweismittel für und gegen den Vorwurf vor Gericht sehen. In dem Fall wird es zu einer Vernehmung vor Gericht kommen, wenn nicht abgesprochen wird, dass ggf. eine vorherige Videovernehmung bei der Polizei vorgespielt werden kann. Da in den meisten Fällen sich über die Videovernehmnung hinaus sich noch Fragen ergeben, ist die persönliche Vernehmung erforderlich.
In diesem Fall wird oftmals die Vernehmung im Nebenraum mit Videoübertragung in den Gerichtssaal beschlossen oder die Vernehmung in Abwesenheit des Beschuldigten wird bewilligt. Es kommt bei den beiden Alternativen hinsichtlich einer möglichen Bewilligung stark darauf an, wie alt das Opfer ist und wie geschädigt es durch die Tat ist.
Minderjährige werden zudem vordergründig durch das Gericht vernommen, Fragen von Staatsanwaltschaft oder Verteidigung müssen über das Gericht eingeführt werden. Dies mindert die Schlagkraft von Vernehmungsmethoden etwas die Belastung fürs Opfer - aber natürlich nicht vollständig.
Eine Vernehmung von Kinder und Minderjährige ist hart. Das kann ihnen leider im Fall der streitigen Verhandlung auch niemand abnehmen. Das Kind sollte entsprechend mental auf den Termin vorbereitet werden. Unterstützung durch Opferanwälte und psychosoziale Prozessbegleitungen sind aus unserer Sicht unerlässlich.
Was nun?
Egal in welcher Rolle man sich in dieser Konstellation befindet, sollte man sich dringend anwaltlichen Rat suchen.
Nicht nur ist die Überforderung oft groß, auch kann rechtlich geholfen werden. Mittel und Wege können erörtert und beschritten werden.
Benötigen Sie eine Anwältin, die Sie in Ihrer Strafsache betreut?
Rechtsanwältin Hannah Funke - Anwalt für Sexualdelikte
Wir arbeiten schwerpunktmäßig im Sexualstrafrecht. Lernen Sie uns kennen.