Mit welcher Strafe muss man rechnen?

Das deutsche Jugendstrafrecht ist speziell darauf ausgerichtet, junge Täter zu erziehen und zu resozialisieren, statt sie lediglich zu bestrafen. Das Jugendgerichtsgesetz (JGG) sieht verschiedene Sanktionen und Maßnahmen vor, die im Rahmen eines Jugendstrafverfahrens verhängt werden können. 
 

Oft werden in der Praxis mehrere der genannten Sanktionen kombiniert, um einen auf den Einzelfall abgestimmten Sanktionskatalog zu erstellen, der sowohl erzieherische als auch mahnende Elemente beinhaltet. 

Das Jugendstrafrecht richtet sich dem Regelfall nach an Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren.

Bei Personen zwischen 18 und 21 Jahren kann das Jugendstrafrecht angewendet werden, wenn die Person zur Tatzeit nach ihrer sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand oder es sich bei der Tat um eine typische Jugendverfehlung handelt. Das Gericht entscheidet, ob das Jugend- oder allgemeine Strafrecht Anwendung findet. 
 

Diese Maßnahmen und Sanktionen spiegeln das Ziel des deutschen Jugendstrafrechts wider, durch Erziehung und Integration in die Gesellschaft künftige Straftaten zu verhindern und die jungen Menschen zu verantwortungsbewussten Erwachsenen zu formen. 



Rechtsfolgen / Strafen bei Jugendstrafverfahren

1. Einstellung des Verfahrens nach § 45 JGG oder § 47 JGG

Das Verfahren kann durch die Staatsanwaltschaft oder das Gericht ohne weitere Auflagen eingestellt werden, wenn die Schuld des Jugendlichen als gering einzustufen ist und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Dies ist oft bei Ersttätern der Fall.


Das Verfahren kann gegen Auflagen eingestellt werden, wie z.B. die Leistung von Schadensersatz, die Erbringung von Arbeitsleistungen oder die Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs. Diese Maßnahmen dienen der Wiedergutmachung und sollen den Erziehungsgedanken fördern.


Das Gericht kann das Verfahren unter Anwendung von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln einstellen. Diese Entscheidung erfolgt in der Hauptverhandlung und zielt darauf ab, den Jugendlichen ohne formelles Urteil zu erziehen und zu beeinflussen.


2. Erziehungsmaßregeln (§ 9 JGG)

Erziehungsmaßregeln sind Sanktionen, die nicht auf Bestrafung, sondern auf die Erziehung des Jugendlichen ausgerichtet sind. Dazu gehören:

  • Weisungen, z.B. regelmäßiger Schulbesuch oder Teilnahme an einem Verkehrsunterricht.
  • Erziehungsbeistandschaft, Betreuungshelfer oder Einweisung in ein Heim.



3. Zuchtmittel (§ 13 JGG)

Zuchtmittel haben einen mahnenden Charakter und sollen den Jugendlichen zur Verantwortung ziehen, ohne eine schwerwiegende Sanktion darzustellen:

  • Verwarnung
  • Auflagen, wie gemeinnützige Arbeit oder Teilnahme an einem Lehrgang.
  • Jugendarrest (von einem Tag bis zu vier Wochen).



4. Jugendstrafe (§ 17 JGG)

Die Jugendstrafe ist eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren und kommt zur Anwendung, wenn schwere Delikte vorliegen oder der Jugendliche bereits mehrfach straffällig geworden ist. In besonders schweren Fällen kann die Jugendstrafe auch bis zu zehn Jahren betragen.


5. Aussetzung zur Bewährung (§ 21 JGG)

Die ausgeurteilte Jugendstrafe kann zur Bewährung ausgesetzt werden, um dem Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, sich in der Gesellschaft zu bewähren. Dabei werden in der Regel Bewährungsauflagen oder -weisungen erteilt. 


6. Sogenannter "§27er"

Kann nach Erschöpfung der Ermittlungsmöglichkeiten nicht mit Sicherheit beurteilt werden, ob in der Straftat eines Jugendlichen schädliche Neigungen von einem Umfang hervorgetreten sind, daß eine Jugendstrafe erforderlich ist, so kann der Richter die Schuld des Jugendlichen feststellen, die Entscheidung über die Verhängung der Jugendstrafe aber für eine von ihm zu bestimmende Bewährungszeit aussetzen. 



Und was gibt es nun?

Welche Auflagen, Weisungen oder Zuchtmittel es gibt, hängt von der Tat und der Täterpersönlichkeit ab. Es kommt darauf an, in welcher Lebenssituation der Beschuldigte ist und was das Gericht meint, welche Hilfe er gebrauchen könnte. Befindet sich der Beschuldigte zum Beispiel in einem strukturlosen Umfeld ohne geregelte Arbeit oder Schule, könnte die Verhängung von Sozialstunden in Betracht kommen.
Wenn das Gericht der Ansicht ist, neben bestimmten "Hilfestellungen" wäre auch eine Art Denkzettel angebracht, ist die Verhängung eines Arrests wahrscheinlich. Das ist insbesondere bei mittelschweren Taten oder Wiederholungstätern der Fall.

Wenn das Gericht "schädliche Neigungen" annimmt, gibt es eine Jugendstrafe. Wie lang diese sein wird, ist absolut vom Einzelfall abhängig. Wie schwer ist die Tathandlung und wie schwer sind die Folgen der Tat? Wie tief sitzen die schädlichen Neigungen? Wie zeigt sich der Beschuldigte? Welche Umstände lagen der Tat zugrunde? Welche Art von Delikt wird vorgeworfen?
Um zu ergründen, ob die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird, man also nicht wirklich ins Gefängnis muss, sondern vielmehr Auflagen bekommt und oftmals einen Bewährungshelfer, hängt von der Sozialprognose des Beschuldigten und der vorgeworfenen Tat ab. In welcher Lebenssituation befindet sich der Beschuldigte gerade? Arbeitet er? Geht er zur Schule? Würde die Verhängung der Bewährung ausreichen, um bleibenden Eindruck beim Beschuldigten zu hinterlassen?

Es gibt also das unbefriedigende Ergebnis: Welche Strafe man bekommt, hängt von allen möglichen Details ab. Das gute ist aber, dass man während des (Ermittlungs-) Verfahrens für den Ernstfall auf eine weniger drastische Strafe hinarbeiten kann:

  • Das Schaffen organisierter Lebensverhältnisse durch Schule oder Ausbildung
  • Die Aufarbeitung der Taten durch psychologische Unterstützung, Drogenberatungen, Anti-Aggressivitäts-Trainings, verkehrspsychologische Beratungen uvm.


Was du brauchst und tun solltest, hängt von dir und der Tat und am Ende auch der Verteidigungsstrategie ab!


Unser Tipp: Wenden Sie sich an eine Jugendstrafverteidigerin. Diese kennt sich mit dem Jugendgerichtsgesetz, den Dynamiken von Jugendstrafverfahren und dem Umgang mit jugendlichen Mandanten aus. Unsere Rechtsanwältin Hannah Funke ist Jugendstrafverteidigerin. Sie begegnet der ganzen Familie und insbesondere der betroffenen Person mit dem vollsten Respekt und Ehrgeiz, das Beste zu bewirken. Je nach Härte des Vorwurfs könnte Ihr Verfahren ohnehin unter Anwaltszwang stehen. Beauftragen Sie also eine Jugendstrafverteidigerin bevor Ihnen durch das Gericht ein anderer fachfremder Pflichtverteidiger beigeordnet wird.