Wann werden Verfahren wegen Körperverletzung eingestellt?
Diese Frage kann für Ihren Einzelfall nicht konkret beantwortet werden.
Grundsätzlich kann man viele Situationen auf folgende Erfahrungswerte herunterbrechen:
- Das Verfahren wird im Ermittlungsverfahren einstellt, wenn nicht bewiesen werden kann, dass der Beschuldigte die Tat so ausgeführt hat.
- Die Erfolgsaussichten zur Verfahrenseinstellung bei gegenseitiger Körperverletzung ist in dieser Kanzlei erfahrungsgemäß und im Vergleich zu anderen Vorwürfen positiv. Natürlich kommt es hier auf die Beweissituation in Ihrem konkreten Fall selbst an. Es gelingt uns jedoch nicht selten, darlegen zu können, dass nicht ermittelt werden kann, von wem der erste Angriff ausging und wer sich "nur verteidigt hatte". In diesen Situationen wird für beide Seiten das Verfahren dann eingestellt. Je verzwickter und unübersichtlicher die Situation war, desto höher sind die Einstellungschancen. Je mehr Beweismittel (Zeugen, Videoaufnahme etc.) vorliegen, desto unwahrscheinlicher wird eine vorzeitige Einstellung. Hier hängt vieles von der Ermittlungsakte ab.
- Wenn eine Rechtfertigungssituation (z.B. Notwehr oder Notstand) bewiesen werden kann, muss ebenfalls das Verfahren schon im Ermittlungsverfahren eingestellt werden.
- Bei einfachen Körperverletzungen ohne nachhaltigen Schaden/oberflächliche Wunden schaffen wir es ebenfalls nicht selten, das Verfahren durch Verweis auf den Privatklageweg zur Einstellung zu bringen.
- Stellt die Gegenseite bei fahrlässiger oder einfacher Körperverletzung keinen Strafantrag, wird das Verfahren ebenfalls eingestellt.
- Bei unerheblichen Verletzungen kommt oft die Einstellung wegen Geringfügigkeit in Betracht. Je nach Tatumstände ist hier die Einstellung gegen Geldauflage angezeigt.
- Wenn Sie vorbestraft sind wegen Körperverletzung wird eine Verfahrenseinstellung (wegen Geringfügigkeit) z.B. gegen Geldauflage deutlich schwieriger. Hier kommt es natürlich auch auf die Rückfallgeschwindigkeit an und das Gewaltpotential, das Ihr Vorstrafenregister der Staatsanwaltschaft unterbreitet.
WICHTIG!
- Sie wissen erst, dass das Verfahren eingestellt wurde, wenn Sie einen entsprechenden Brief von der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht erhalten haben. Das Verfahren löst sich nicht einfach in Rauch auf ohne dass Sie hiervon Kenntnis erhalten. Kontrollieren also regelmäßig Ihre Post.
- Auf eine Verfahrenseinstellung sollte tatkräftig hingearbeitet werden. Dies erkennen Sie auch an den komplizierten Einstellungsvoraussetzungen, die wir unten für Sie aufführen. Hierzu empfehlen wir dringend anwaltliche Hilfe, damit dieser helfen kann, die Einstellungsgrundlage zu legen, die Einstellungsvariante zu wählen, die Einstellung zu beantragen bzw. anzuregen und juristisch fachmännisch zu begründen. Erfahrungsgemäß steigert eine vernünftig aufgearbeitete Einstellungsverteidigung die Einstellungswahrscheinlichkeit erheblich, da andernfalls nicht jede entscheidende Information im richtigen Rahmen zur Justiz gelangt. Nicht umsonst liegt in den überwiegenden Fällen bei Sexualdelikten Anwaltszwang vor!
Anwaltskosten
Wird das Verfahren im Ermittlungsverfahren eingestellt, ist dies für den Beschuldigten die beste und diskreteste Lösung, das Verfahren zu beenden und Stigmatisierung zu verhindern. In diesem Fall übernimmt der Staat jedoch im Regelfall nicht die Anwaltskosten, obgleich eine Verteidigung im Ermittlungsverfahren erheblichen Einfluss auf eine mögliche Verfahrenseinstellung haben kann. Es gibt immerhin keinen Freispruch im Ermittlungsverfahren, sondern die Verfahrenseinstellung ist hier die einzige Möglichkeit, das Verfahren zugunsten des Beschuldigten zu beenden. Frustrierend aber Realität.
Wird das Verfahren im Gerichtsverfahren eingestellt, entscheidet das Gericht über die Kostenübernahme im Einzelfall. Bei einem Freispruch im Gerichtsverfahren trägt das Gericht in jedem Fall die Anwaltskosten (jedoch nur maximal in Höhe der gesetzlichen Gebühren).
Da eine Verfahrenseinstellung dazu führt, dass man nicht als vorbestraft gilt, einen entsprechenderweise auch regelmäßig keine anderen Nachteile einer Verurteilung mehr treffen (zum Beispiel asylrechtliche, beamtenrechtliche oder arbeitsrechtliche) und allen Voran die Verhängung der Strafe umgangen wird, sollte man überlegen, wo die eigenen Prioritäten liegen. Nicht selten ist aus diesen Gründen der Kampf um eine Verfahrenseinstellung trotz Kostentragungspflicht der Anwaltskosten günstiger als ohne Kampf in die Verurteilung zu schlittern.
Möchten Sie sich zu den einzelnen Arten der Verfahrenseinstellungen erkundigen, finden Sie hier mehr Informationen. Zu Verfahrenseinstellungen in Jugendstrafverfahren finden Sie hier mehr Informationen.
Bei Fragen können Sie sich gerne an uns wenden. Wie hoch die Einstellungswahrscheinlichkeit für Ihren konkreten Fall ist, kann nie mit eindeutiger Gewissheit prognostiziert werden. Wir können nur von unseren allgemeinen Erfahrungswerten sprechen.
Lassen Sie sich von einem Anwalt für Gewaltdelikte beraten. Denn eine Vorstrafe wegen Körperverletzung kann sich auch auf Ihr berufliches Leben auswirken.