Fahrlässige Tötung in der Kinderbetreuung 

Lehrer, Erzieher, Eltern

Der Vorwurf der fahrlässigen Tötung aufgrund einer Verletzung der Aufsichtspflicht ist besonders schwerwiegend, da er das Vertrauen in die Betreuungsverantwortlichen, seien es Lehrer, Erzieher oder Eltern, zutiefst erschüttert. Eine erfolgreiche Verteidigung in solchen Fällen setzt ein tiefgehendes Verständnis der rechtlichen Voraussetzungen für Fahrlässigkeit sowie der spezifischen Aufsichtspflichten in der Kinderbetreuung voraus. 

Die Missachtung entsprechender Pflichten zu einer Strafbarkeit nach § 222 StGB führen, wenn hierdurch eine andere Person - insbesondere Kinder - sterben.

 

Totschlag oder fahrlässige Tötung?

Fahrlässigkeit bei der Kindesbetreuung wird durch Verletzung spezifischer Pflichten verursacht.
Bei fahrlässiger Tötung geht es gerade nicht um den Vorwurf, dass der Beschuldigte durch die eigenen Handlungen die Tötung des Opfer für möglich hielt und trotz dessen sein Verhalten auf diese konkrete Art und Weise ausrichtete. Auch geht es in diesem Vorwurf nicht um absichtliches Tötungsverhalten des Beschuldigten.

Hierbei ist es nicht selten von Bedeutung, ob tatsächlich ein fahrlässiges Verhalten vorgelegen hat, also man Pflichten verletzt hat. Oder ob man vielmehr im Bereich der vorsätzlichen Tötung, also des Totschlages gemäß § 212 StGB steht. Letzteres kann schon dann angenommen werden, wenn man den Tod des Kindes durch die eigene Handlung für möglich hält und dieses Risiko billigend in Kauf nimmt. Das kann bei Auffälligkeiten im allgemeinen Ablauf schneller angenommen werden, als man denkt. 
Für diese Annahme müssen sich jedoch objektive Anhaltspunkte finden, eine automatische Annahme verbietet sich schon allein aufgrund der hohen Strafdiskrepanz beider Delikte.

Musste die Mutter, die Ihrem Kleinkind als Erziehungsmaßnahme einen Esslöffel Salz zum Verzehr gab, wissen, dass dies tödliche Folgen haben kann? Und selbst wenn sie dies für möglich gehalten hat, hat sie darauf vertraut, dass der Todesfall nicht eintritt oder hat sie den Tod billigend in Kauf genommen?

Alleine dieses Risiko macht sorgfältiges Arbeiten besonders wichtig. Es muss von Anfang an beachtet werden, welche Auswirkung die Darlegung welcher Handlung oder inneren Überlegungen oder Annahmen zur Folge haben kann. 



Voraussetzungen der Fahrlässigkeit

Fahrlässigkeit erfordert eine zweistufige Prüfung, bestehend aus objektiven und subjektiven Elementen.

Objektive Fahrlässigkeit

Objektive Fahrlässigkeit liegt vor, wenn das Verhalten der beschuldigten Person von dem eines gewissenhaften und umsichtigen Menschen in derselben Situation abweicht. Im Kontext der Kinderbetreuung bedeutet dies, dass Lehrer, Erzieher und Eltern eine besondere Sorgfaltspflicht tragen, um die ihnen anvertrauten Kinder vor vorhersehbaren und vermeidbaren Gefahren zu schützen. Dabei sind die spezifischen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wie das Alter und die Fähigkeiten der Kinder, die Art der Aktivitäten und die vorhandenen Sicherheitsvorkehrungen. Ein objektiver Maßstab könnte beispielsweise sein, ob eine andere verantwortungsbewusste Person in derselben Situation anders gehandelt hätte.

Subjektive Fahrlässigkeit

Subjektive Fahrlässigkeit setzt voraus, dass der Beschuldigte in der Lage war, die Gefahr zu erkennen und durch zumutbare Maßnahmen zu vermeiden. Hierbei wird auf die individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse des Beschuldigten abgestellt. Ein erfahrener Lehrer oder Erzieher wird strengeren Maßstäben unterworfen als eine weniger erfahrene Person. Es muss nachgewiesen werden, dass der Beschuldigte die erforderliche Sorgfalt bewusst oder grob fahrlässig außer Acht gelassen hat.


Typische Pflichten in Bezug auf Kindesbetreuung

Im Alltag haben Lehrer, Erzieher und Eltern unterschiedliche Pflichten gegenüber den ihnen anvertrauten Kindern. Die Verletzung dieser Pflichten kann im schlimmsten Fall zum Tod des Kindes führen. Hierbei unterscheiden sich die Pflichten je nach Rolle der Betreuungsperson. Das Maß an Kontroll- und Aufsichtspflichten variiert dabei entscheidend nach der Erziehungsstand der Kinder, dem jeweiligen Alter und Reifezustand und den Erfahrungen, die die betreuende Person in der Vergangenheit bereits mit dem Kind gemacht hat. Entscheidend kann auch sein, ob über konkrete Gefahrensituationen zur Prävention mit dem Kind bereits altersgerecht gesprochen wurden und der richtige, eigenverantwortliche Umgang hierbei erläutert wurde (beispielsweise wenn vor Ausflügen besprochen wird, dass die Kinder sich im Straßenverkehr gegenseitig an den Händen halten, in Reih und Glied laufen, auf sich gegenseitig achten und nicht unkontrolliert in den Verkehr rennen).


1. Pflichten von Lehrern

Aufsichtspflicht während des Unterrichts:

  • Lehrer müssen die Schüler während des Unterrichts und auf dem Schulgelände beaufsichtigen, um Unfälle zu vermeiden.
  • Beispiel: Ein Lehrer lässt Schüler unbeaufsichtigt auf dem Schulhof, wo sie Zugang zu gefährlichen Bereichen haben. Ein Kind könnte durch einen Sturz von einem ungesicherten Baugerüst tödlich verunglücken.


Sicherheitsvorkehrungen bei Schulveranstaltungen:

  • Lehrer müssen bei Schulausflügen oder Sportveranstaltungen besondere Vorsichtsmaßnahmen treffen.
  • Beispiel: Bei einem Schulausflug unterlässt es der Lehrer, Sicherheitsregeln für das Schwimmen in einem See zu überwachen. Ein Kind könnte ertrinken.


Kenntnis von medizinischen Notfällen:

  • Lehrer sollten über gesundheitliche Besonderheiten der Schüler informiert sein und entsprechende Maßnahmen im Notfall ergreifen können.
  • Beispiel: Ein Lehrer ignoriert die Anweisung der Eltern, auf die Erdnussallergie eines Schülers zu achten. Das Kind erleidet einen allergischen Schock und verstirbt.



2. Pflichten von Erziehern


Kontinuierliche Beaufsichtigung

  • Erzieher müssen sicherstellen, dass Kinder ständig beaufsichtigt werden, insbesondere bei Aktivitäten mit höherem Risiko.
  • Beispiel: Ein Erzieher lässt Kleinkinder unbeaufsichtigt im Kindergarten, wo sie Zugang zu Putzmitteln haben. Ein Kind trinkt versehentlich eine giftige Substanz und stirbt.


Sicherheitsmaßnahmen in der Einrichtung

  • Erzieher müssen die Sicherheit der Spielgeräte und Räumlichkeiten regelmäßig überprüfen.
  • Beispiel: Ein Erzieher überprüft nicht regelmäßig die Stabilität eines Klettergerüsts im Kindergarten. Ein Kind stürzt aus großer Höhe und erleidet tödliche Verletzungen.


Erste-Hilfe-Kenntnisse

  • Erzieher sollten in Erster Hilfe geschult sein und in Notfällen schnell reagieren können.
  • Beispiel: Ein Erzieher kann bei einem schweren Sturz eines Kindes keine angemessene Erste Hilfe leisten, was zu einem tödlichen Ausgang führt.



3. Pflichten von Eltern


Sicherung des häuslichen Umfelds:

  • Eltern müssen das Zuhause kindersicher gestalten, um Unfälle zu verhindern.
  • Fenstersicherung: Eltern müssen sicherstellen, dass Fenster in höheren Stockwerken kindersicher sind.
    • Beispiel: Ein Kind fällt aus einem ungesicherten Fenster im dritten Stock und stirbt.
  • Giftstoffe und gefährliche Substanzen: Eltern müssen Reinigungsmittel, Medikamente und andere giftige Substanzen außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahren.
    • Beispiel: Ein Kleinkind trinkt aus einer nicht gesicherten Flasche mit Putzmittel und stirbt an den Folgen der Vergiftung.
  • Elektrische Sicherheit: Eltern müssen darauf achten, dass Steckdosen kindersicher sind und Kabel nicht zugänglich sind.
    • Beispiel: Ein Kind steckt einen metallischen Gegenstand in eine ungesicherte Steckdose und erleidet einen tödlichen Stromschlag.


Überwachung bei gefährlichen Aktivitäten

  • Eltern müssen ihre Kinder je nach Erziehung und Entwicklungsstand bei potenziell gefährlichen Aktivitäten wie Baden, Kochen oder Spielen im Freien überwachen.
  • Baden und Wasserquellen: Eltern müssen Kinder beim Baden und in der Nähe von Wasserquellen wie Pools oder Teichen stets beaufsichtigen.
    • Beispiel: Eltern lassen ein Kleinkind unbeaufsichtigt in der Badewanne, und das Kind ertrinkt.
  • Kochen und Küchenbereich: Eltern müssen darauf achten, dass Kinder während des Kochens nicht in gefährliche Situationen geraten.
    • Beispiel: Ein Kind zieht einen heißen Topf vom Herd und erleidet tödliche Verbrennungen.
  • Spielen im Freien: Eltern müssen sicherstellen, dass Kinder beim Spielen im Freien, insbesondere in der Nähe von Straßen oder anderen Gefahrenquellen, angemessen beaufsichtigt werden.
    • Beispiel: Ein Kind läuft unbeaufsichtigt auf die Straße und wird von einem Auto erfasst. 


Beachtung gesundheitlicher Bedürfnisse

  • Eltern müssen sicherstellen, dass die gesundheitlichen Bedürfnisse ihrer Kinder erfüllt werden, einschließlich der Grundversorgung, notwendiger Medikamente und ärztlicher Betreuung. 
  • Medikamentengabe: Eltern müssen sicherstellen, dass Kinder ihre notwendigen Medikamente rechtzeitig und in der richtigen Dosierung erhalten.
    • Beispiel: Eltern versäumen es, einem asthmakranken Kind rechtzeitig das Inhalationsgerät zu geben, was zu einem tödlichen Asthmaanfall führt.
  • Regelmäßige Arztbesuche: Eltern müssen regelmäßige Arztbesuche und Vorsorgeuntersuchungen sicherstellen, um gesundheitliche Probleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
    • Beispiel: Eltern ignorieren Krankheitssymptome ihres Kindes, das an einer schweren, aber behandelbaren Krankheit leidet, und das Kind stirbt infolge der unbehandelten Erkrankung.
  • Ernährung und Hygiene: Eltern müssen für eine ausgewogene Ernährung und angemessene Hygiene sorgen, um gesundheitliche Probleme zu vermeiden.
    • Beispiel: Mangelnde Hygiene und schlechte Ernährung führen zu schweren gesundheitlichen Komplikationen und letztendlich zum Tod des Kindes. 


Verkehrssicherheit

  • Sicherung im Auto: Eltern müssen sicherstellen, dass Kinder im Auto immer korrekt angeschnallt sind und geeignete Kindersitze verwenden.
    • Beispiel: Ein Kind wird bei einem Autounfall tödlich verletzt, weil es nicht ordnungsgemäß gesichert war.
  • Sicherheit auf dem Fahrrad: Eltern müssen darauf achten, dass Kinder beim Fahrradfahren immer einen Helm tragen und in sicheren Bereichen fahren.
    • Beispiel: Ein Kind fährt ohne Helm und wird bei einem Sturz tödlich verletzt.


Vermeidung gefährlicher Situationen

  • Aufklärung über Gefahren: Eltern müssen ihre Kinder über alltägliche Gefahren aufklären und ihnen beibringen, wie sie sich sicher verhalten.
    • Beispiel: Ein Kind wird durch den unsachgemäßen Umgang mit Feuerwerkskörpern schwer verletzt und stirbt, weil es nicht über die Gefahren informiert wurde.
  • Beaufsichtigung bei sozialen Interaktionen: Eltern müssen sicherstellen, dass ihre Kinder in sicherer Gesellschaft sind und keine Gefahr durch andere Personen droht.
    • Beispiel: Ein Kind wird durch Vernachlässigung der Aufsicht bei einer Feier von einem Fremden entführt und kommt ums Leben. 



Mögliche Pflichtverletzungen

Die Klärung von Pflichtverstößen erfordert ein besonderes Maß an Expertise. Es muss genau herausgearbeitet und ermittelt werden, welche Abläufe, Handlungen und innen Prozesse beweisbar gemacht werden können und welche gerade nicht.


Wichtige Rechtsfragen sind ebenfalls mit besonderer Sorgfalt zu klären:

Waren noch andere Personen beteiligt und wie wirkt sich das auf den Kausalverlauf aus - Haben andere Personen Einfluss auf den Pflichtverstoß gehabt? Welche Vorgaben gab es hausintern? Wie wurden bestimmte Situationen gehandhabt? Welche Erziehungsstile und - ziele wurden verfolgt? Welche Erfahrungen wurden in der Vergangenheit mit diesen Erziehungsmaßnahmen gesammelt und gab es konkrete Erfahrungen zu diesem Kind? Wie war das Kind vorgeprägt und wurden die Betreuenden entsprechend instruiert? Gab es eine Sondersituation oder andere Abweichungen im Betreuungsablauf, die den Fehler ausgelöst haben könnten?

Welche Pflichten könnte der Beschuldigte nachweislich verletzt haben; fraglich kann sein, ob der Tod durch diesen Pflichtverstoß verursacht wurde, ob der Pflichtverstoß relevant war, ob der Tod vorhersehbar war bei derartigem Pflichtverstoß, ob der Tod auch ohne den Pflichtverstoß eingetreten wäre, und vieles mehr.

Betreuende unterliegen ganz besonderen Pflicht, Anforderungen, Abläufen - insbesondere wenn sie dies beruflich machen, aber auch besonderen organisatorischen Besonderheiten durch den Alltag und die Massenarbeit mit vielen Kindern. 


In der Kinderbetreuung können Lehrer, Erzieher und Eltern ihre Aufsichtspflicht auf verschiedene Weise verletzen, darunter:

  • Unzureichende Beaufsichtigung: Das unbeaufsichtigte Lassen von Kindern, besonders in potentiell gefährlichen Situationen.
  • Mangelnde Risikoeinschätzung: Das Ignorieren oder Unterschätzen bekannter Risiken.
  • Unzureichende Sicherheitsvorkehrungen: Versäumnis, notwendige Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, wie die Sicherstellung von Spielgeräten oder das Verschließen gefährlicher Bereiche.
  • Fehlende Information und Anweisungen: Versäumnis, Kindern klare Anweisungen zu geben und sie über mögliche Gefahren zu informieren. Medikamente für Kinder könnten vertauscht oder verwechselt worden sein, erzieherische Maßnahmen könnten falsch angeordnet worden sein, Ernährungsvorschriften könnten falsch zugeordnet worden sein.
  • Unvorhergesehene Abweichungen in den Arbeitsabläufen: Erheblich abweichende Arbeitsabläufe, auf die man sich gewöhnlicherweise durch die herrschenden Arbeitsstrukturen verlassen können musste. Es ist anders zu bewerten, wenn man Teilarbeitsschritte gewohnt durchführt und dabei vertraut, dass die Vorarbeit richtig geleistet wurde als im Vergleich dazu der eigene Arbeitsbereich aus Überarbeitung oder Unaufmerksamkeit falsch bearbeitet wurde. Hierzu ist besonders wichtig, was man hätte erkennen müssen oder wie weit der Vertrauensbereich hinsichtlich anderer Arbeitstätigkeiten für das konkrete Kind führen darf. 



Verteidigungsmöglichkeiten

Eine fundierte Verteidigung gegen den Vorwurf der fahrlässigen Tötung könnte auf verschiedenen Argumenten basieren:

  • Fehlende Kausalität: Es muss nachgewiesen werden, dass die Pflichtverletzung ursächlich für den Tod war. Wenn der Tod des Kindes auch bei pflichtgemäßer Aufsicht eingetreten wäre, entfällt die Fahrlässigkeit.
  • Erfüllung der Sorgfaltspflicht: Der Verteidiger kann darlegen, dass der Betreuer alle notwendigen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die Gefahr abzuwenden. Hierbei können detaillierte Berichte über die getroffenen Vorkehrungen und Maßnahmen helfen.
  • Zeugen: Zeugen, die die Situation beobachtet haben, können wertvolle Aussagen liefern, die das Verhalten des Beschuldigten in einem anderen Licht erscheinen lassen.
  • Sachverständigengutachten: Experten können bezeugen, dass die getroffenen Maßnahmen den Standards entsprachen und dass die eingetretenen Folgen nicht vorhersehbar oder vermeidbar waren.
  • Beeinflussung durch unvorhergesehene Arbeitsabläufe oder Fehlern anderer: Da man nicht selbst die gesamte Betreuungseinrichtung oder den Haushalt bearbeitet, sondern Betreuung oftmals ein Zusammenspiel unterschiedlicher Menschen sind, können vermeintlich kleine Fehler Dritter erhebliche Auswirkungen auf die eigene Arbeitsleistung haben. Führt dies dann zum Tod, muss ermittelt werden, ob man sich hätte anders verhalten müssen - ob die Fehler sich abgezeichnet haben, oder ob man auf die richtige Arbeitsleistung anderer hätte vertrauen dürfen.
  • Rechtliche Widerlegung eines Pflichtverstoßes: Ein Pflichtverstoß unterliegt juristischen Anforderungen. Hierzu sind zahlreiche Details von erheblicher Bedeutung. Die Behandlung dieser Details und die sich aufwerfenden Rechtsfragen können einen Pflichtverstoß auf rechtlicher Ebene zu Fall bringen.
  • Mildernde Umstände: Faktoren wie Überlastung der Betreuungspersonen, unzureichende Schulungen oder organisatorische Mängel können als mildernde Umstände vorgebracht werden. Frische, neue Eltern werden zudem anders bewertet als erfahrenere Eltern.
  • Verfahrensfehler: Jegliche Fehler im polizeilichen oder gerichtlichen Verfahren, etwa bei der Beweissicherung oder der Zeugenvernehmung, können zur Entlastung des Beschuldigten beitragen. 



Beweismittel

In der Verteidigung sind verschiedene Beweismittel von zentraler Bedeutung:

  • Dokumentation der Sicherheitsmaßnahmen: Protokolle und Berichte über Sicherheitsvorkehrungen und regelmäßige Kontrollen können zeigen, dass der Betreuer seine Pflichten ernst genommen hat. Auch die Dokumentation von besonderen Bedürfnissen der Kinder kann Einblicke in besondere Behandlungen gegenüber diesen gewähren.
  • Zeugenaussagen: Aussagen von Kollegen, Eltern und anderen Zeugen können Klarheit über die tatsächlichen Ereignisse und das Verhalten des Beschuldigten schaffen.
  • Einlassung / Aussage des Beschuldigten: Möglicherweise berichtet auch der Beschuldigte, wie sich der Vorfall seines erachtens nach entwickelte und dieser ablief. Hieraus könnten sich Ableitungen finden lassen, welche Pflichtverstöße vorgelegen haben könnten. Eine entsprechende Einlassung kann Aufschluss über Verhalten des Kindes und gewöhnlicher Organisation der Betreuungseinrichtung oder der familiären Abläufe liefern. Es kann übliche Abläufe plausibel machen und die konkreten Gegebenheiten darlegen, die zu dem möglichen Pflichtverstoß geführt haben könnten. Waren noch andere Personen beteiligt? Haben andere Personen Einfluss auf den Pflichtverstoß gehabt? 
  • Videoaufzeichnungen: Falls vorhanden, können Videoaufnahmen den genauen Ablauf des Ereignisses darstellen und zur Klärung der Sachlage beitragen.
  • Sachverständigengutachten: Experten können die Angemessenheit der getroffenen Maßnahmen und die Vorhersehbarkeit des Unfalls bewerten. Medizinische Gutachten sind essenziell, um die genaue Todesursache zu bestimmen und einen kausalen Zusammenhang zwischen der Handlung der beschuldigten Person und dem Tod des Patienten herzustellen. Sie können Ergebnisse dazu liefern, welche medizinischen Pflichten möglicherweise verletzt wurden und wie sich der Beschuldigte und das Opfer verhalten haben könnten. 


 

Rolle eines Verteidigers

In diesen Verfahren geht es im Regelfall zentral um die Frage der Fahrlässigkeit. Hierbei sind nicht nur die Beweisbarkeit von Pflichtverletzungen entscheidend, sondern oftmals auch bedeutende Rechtsfragen. Es stehen Fragen zu Kausalitäten im Raum, Pflichtwidrigkeitszusammenhänge, objektive Zurechnungen, Vorhersehbarkeiten, rechtmäßige Alternativverhalten und weitere Rechtsfragen, die eine juristische Ausbildung erforderlich machen. Das ist auch der Grund, wieso derartige Vorwürfe unter Anwaltszwang stehen. Auch müssen im Regelfall Gutachten analysiert werden können, rechtsmedizinische Problemstellungen herausgearbeitet werden und im Zweifel die geeignete Strafzumessung aufbereitet werden. 

Es müssen fundierte Kenntnisse im Bereich von organisatorischen Betreuungsabläufen, pädagogischen Hintergründen, Auswirkungen und Erziehungsmaßnahmen bestehen. Es müssen allgemeine organisatorische Kenntnisse zu konkreten Erziehungsmaßnahmen bestehen und beurteilt werden können, ob die konkreten Abläufe in der konkreten Einrichtung mit den konkreten Vorgaben auch diesen Standards entsprechen, oder ob strukturelle Probleme mitursächlich waren.

All dies erfordert erfahrenes und präzises juristisches Handwerk und sollte daher Anwälten für Gewaltdelikte überlassen werden.

Auch wenn Beschuldigte oft selbst mit den Folgen stark zu kämpfen haben - ob körperlich oder psychisch, so sollte ein Verteidiger niemals bei Verfahrensbeginn vorschnell Hoffnungen streuen. Wir wissen, dass gerade diese Vorwürfe nach mentaler Entlastung lechzen. Jedoch kann kein Verfahren bei Verfahrensbeginn seriöserweise vorhergesehen werden. In derartigen Verfahren haben kleinste Beweisabweichungen erhebliche Auswirkungen auf die Bewertung von den zuvor aufgeführten Rechtsfragen. Beweismittel können erst im Prozess annähernd sinnvoll beleuchtet werden; es benötigt die Hinzuziehung und Analyse von Sachverständigen und erst mit Entwicklung des Prozesses können sich Tendenzen ergeben. 
Unsere Kanzlei ist absoluter Gegner von falschen Hoffnungen und Versprechungen. Wir wissen, wie einfach es sein kann, hierdurch ein gutes Gefühl zu vermitteln, ein Vertrauensverhältnis zu schaffen. Jedoch ist gerade dies der Trugschluss - Vertrauen Sie einem Anwalt mit Kompetenz - jemand, der weiß, was er tut. Selbstredend steht dabei auch Ihre Gesundheit im Vordergrund, aber nicht auf diesem falschen Weg.

 

Rolle eines Hinterbliebenenanwalts

Wie auch ein Strafverteidiger hat der Anwalt, den sich Hinterbliebene (Familie, Angehörige des Todesopfers) nehmen können - ein sogenannter Nebenklagevertreter - dieselben Korrektivaufgaben. Auch auf unserer Seite soll ermittelt werden, wie der Hergang sich gestaltete, um die erforderliche Gerechtigkeit für das Opfer zu schaffen. Es soll natürlich verhindert werden, dass sich der Beschuldigte aus der eigenen Verantwortung herauswindet - soweit sie denn besteht. Hierzu wird ebenfalls auf die Beweissituation eingewirkt, zu Rechtsfragen Stellung bezogen und Ähnliches. Es geht darum, die potentiellen Interessen des Opfers über dessen Angehörigen zu vertreten und verwerfliches Verhalten des Beschuldigten entsprechend zu sühnen. Es geht darum, nicht nur Publikum des Verfahrens zu sein, sondern aktiv mitzuwirken. Am Ende ist der Hinterbliebenenanwalt der einzige tatsächliche Interessenvertreter des Todesopfers - denn Gericht und Staatsanwaltschaft sind zur Neutralität verpflichtet.
 

Schlussfolgerung

Die Verteidigung gegen den Vorwurf der fahrlässigen Tötung durch Verletzung der Aufsichtspflicht erfordert eine sorgfältige Analyse der objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Fahrlässigkeit. Dabei muss dargelegt werden, dass der Beschuldigte alle erforderlichen Sorgfaltspflichten erfüllt hat und die eingetretenen Folgen nicht vorhersehbar oder vermeidbar waren. In jedem Fall ist es entscheidend, die spezifischen Umstände des Einzelfalls detailliert zu berücksichtigen und darzulegen, dass der Betreuer in seiner Rolle als Lehrer, Erzieher oder Elternteil verantwortungsvoll und umsichtig gehandelt hat. 


Rechtsanwältin Hannah Funke - Anwalt für Gewaltverbrechen 

Wir arbeiten schwerpunktmäßig im Bereich der Gewaltverbrechen und Kapitalverbrechen. Lernen Sie uns kennen.